Christuswege

Logo: gezeichnetes christliches Kreuz und Erdsymbol

Haupttext Teil 1, Die Schritte in den Evangelien;
Kapitel :

Der „heilige Eifer" (und Gesichtspunkte zu Emotionen).

Zeichnung: Jesus beim Vertreiben der Händler im Tempelbereich

In Joh.2, 13-25 wird nach der Hochzeit zu Kana die „Tempelreinigung" geschildert. Jesus vertreibt in entsprechendem Eifer die Händler und Wechsler handgreiflich aus dem Tempel. Er will hier ein unübersehbares Zeichen gegen die Heuchelei der Welt setzen, die den Tempel als Gotteshaus bezeichnet, und selbst dort nichts anderes im Sinn hat als ihrem platten Feilschen nachzugehen. Zumal die Zustände so sind, dass er auch von städtischen oder geistlichen Amtsträgern nichts erwarten kann, legt er als Einziger, der sich „in seines Vaters Haus" noch verantwortlich fühlt, selbst Hand an; eine Aktion sozialen Widerstands, ohne Menschen zu verletzen. „Gott mehr zu gehorchen als den Menschen", ist auch sonst seine keineswegs unterwürfige Haltung. Auch wo er sagt: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist" (und Gott, was Gottes ist), ist keine unterwürfige Haltung herauszulesen, wie oft versucht wurde, sondern eher das Bestreben, den Jüngern nutzlose Arten von Reibereien mit sachfremden gesellschaftlichen Mächten zu ersparen. Religion und Politik haben ihre je eigenen Gesetzmäßigkeiten. Den Mitmenschen zu dienen und „der Stadt Bestes zu wollen" ist ebenfalls nicht unterwürfig.

In diesem Zusammenhang könnte sich die Frage nach dem Umgang des Menschen mit emotionalen Regungen stellen. Denn nicht Jede/r hat seine Emotionen auf einer solch hohen mit Liebe durchdrungenen Ebene wie Jesus, der ständig in „positivem Erschauern vor Gott" und im Mitgefühl mit den Menschen lebte, und dessen Eifer auf bewusster guter Absicht beruhte. Beim normalen Menschen sind zunächst fast alle Emotionen zumindest vermischt mit unbewussten Reiz-Reaktionsmechanismen – die biographisch verschieden und verschieden stark zutage treten, aber in ihrer Grundstruktur recht ähnlich sind. Selbst, ohne sich mit Deutungen Anderer zufriedenzugeben, immer weitere solcher Mechanismen aus den eigenen Reaktionen herauszufischen, auf sie hinzuschauen, und sie so schließlich zu meistern bzw. sie Gott zu übergeben, ist ein langer Lernprozess.

Obwohl wir es hier mit der Psyche zu tun haben, sind hierzu übliche psychologische Analyse- bzw. Therapieverfahren für Gott- und Wahrheitssucher nicht immer angezeigt.
Wo noch jene einseitigen Deutungsmuster im Hinterkopf sind, die psychische Probleme auf Sexualität und frühkindliche Prägung reduzieren, und wo zudem aus „Gründen" von Schwächen „Begründungen" des So-Bleibens werden, statt wie Erich Fromm die Entwicklungsfähigkeit des Menschen zu betonen, kann Psychologie sogar ein Hemmschuh auf dem geistigen Weg sein.

Wo Psychologie, also „Seelenkunde", das Hinschauen auf seelische Prozesse anregt, und wo in der Seele - was selten ist - mehr gesehen wird, als eine chemisch-elektrische Gehirnfunktion, könnte ihr Studium auch eine hilfreiche Brücke sein. Sie würde sich besser entwickeln, wenn sie Kenntnissen bzw. Behauptungen alternativer psychologischer Richtungen nachzuspüren bereit wäre. Es nützt wenig, auf übliche Art ganze Problemkomplexe gleich im Ganzen bearbeiten zu wollen. Wirksamer wäre es, zuerst einzelne Bestandteile eines solchen Komplexes zu suchen, und dabei auch bewusst zu unterscheiden, ob es sich um einen „Balken im eigenen Auge" oder um einen „Splitter im Auge des Anderen" handelt, und wer so verantwortlich ist. Jesus und manche christliche Schulen würden Ersteres stärker betonen, weil es schwerer ist, und erst gelernt werden muss, auf eigene problematische Taten hinzuschauen, und weil diese eher selbst korrigierbar sind; auch die kirchliche Beichte hat insofern neben dem geistlichen Aspekt auch eine therapeutische Auswirkung. In der psychologischen Praxis würde oft mehr die andere Perspektive als Opfer im Vordergrund stehen. Am Ende wird bemerkt werden, dass trotzdem beide Seiten mehr oder weniger ins Spiel gekommen sind. Z.B. Östliche spirituelle Lehren würden den Zusammenhang von beidem im Leben als Quelle des „Karmas"/ Schicksals betonen.

Wo es um die Auflösung von Nachwirkungen von schwierigen Tagesabläufen geht, könnte auch eine von R. Steiner wieder zutage geförderte Methode helfen: eine Tagesrückschau bei der vom Abend rückwärts bis zum Morgen einfach hingeschaut wird. Danach ist es umso leichter, wieder in die Gegenwart zu kommen.

Es ist auch möglich, sich einen „Seelenspiegel" mit zu bessernden und mit erstrebenswerten Eigenschaften aufzuschreiben, und ihn öfter durchzugehen, eine bewährte Praxis aus dem mystischen Bereich.

Fortschritte im seelischen Bereich bringen es mit sich, dass sich auch z.B. ein Gespräch zwischen mehreren Menschen verbessern kann. Die vielen Vorurteile und vorschnellen Bewertungen nehmen in dem Maße ab, in dem der Mensch für sich selbst durchsichtiger wird und Ballast loslässt. Die Wichtigkeit, die Jesus dem „Nicht-Richten" beimisst, und dem Überdenken, was aus dem Mund heraus kommt", ist kein unerfüllbarer moralischer Anspruch, sondern eine Aufforderung, mit diesem Lernprozess zu beginnen.  (Dies setzt oft voraus, statt weiter zu streiten, erst einmal in die Stille zu gehen, und sich dann ruhig miteinander auszusprechen. S.a. das Kapitel "Die Stille in der Wüste"). Auch dies ist eine Phase der "Neugeburt".

In diesem Zusammenhang gibt es europäische Schulungswege, die Elemente wie die im Yoga bekannten Nerven- oder Bewusstseinszentren -Chakren- unter anderen Namen einbeziehen können (Anthroposophie; Universelles Leben; u.a.). Derartige Bemühungen sind insofern nicht automatisch "nichtchristlich", wie kirchlicherseits vermutet wurde, sondern diese Zentren im Menschen waren schon den christlichen Theosophen des Mittelalters bekannt (J. G. Gichtel*), und sind inzwischen als real in jedem Menschen vorhandene Energiestrukturen erkennbar; ebenso wie die Kenntnis der besonders aus China bekannten Akupunkturpunkte bzw. -Meridiane = -Kanäle nicht automatisch "taoistisch" ist - denn diese sind längst mit Messgeräten und neuerdings auch histologisch im Gewebe des Menschen nachweisbar.

**) Der "Eifer" in diesem Sinne ist zu unterscheiden vom "Eifer ohne Erkenntnis" (Römer 10,1-3).

Hilfe: zur Selbstprüfung bei der Arbeit mit diesen Haupttexten

Frage:
Kann ich meine Emotionen mit Gott bewusster verarbeiten ?

Im weiteren Zusammenhang siehe auch die Extraseite "...Ethik" 

 

Zum nächsten Kapitel dieses Teils (Evangelien)

Zurück zum Verzeichnis dieses Teils (Evangelien)

Zur Homepage mit weiteren Beiträgen: Die Offenbarung; und viele andere Themen

 

Hinweis auf eine aus der gesamten Website zusammengestellte, herunterladbare Druckversion, und Copyright

E-mail