Der Beginn menschlichen Lebens.
Das Menschenbild konservativer wie auch kritischer Christen stimmt darin
weitgehend überein, dass menschliches Leben schon mit der Zeugung
beginnt.
Die Bibel zeigt in vielfacher Weise menschliches Leben als Einheit; von seinem
göttlichen Ursprung - über das Weitergeben des Lebens durch die Generationen -
bis zu den verschiedenen Alters- bzw. Entwicklungsstufen des Einzelnen. Es ist darin nicht angelegt, von
"Leben ohne Wert bzw. ohne Menschenwürde" in irgend einer Zeit vor der Geburt, oder in irgend
einem Zustand von Alter und Krankheit zu sprechen.
Prof. Böckle nennt im "Handbuch der christlichen Ethik"
aus der Geschichte einige Theologen - in deren Originaltexten so teils nicht
auffindbar - die statt der Zeugung die kurz danach erfolgende Einnistung
(Nidation) als wesentlichen Zeitpunkt angenommen hatten.
Moderne Naturwissenschaft möchte meist wertfrei sein. Aber auch
naturwissenschaftliche Befunde zeigen nur fließende Übergänge zwischen
dem Stadium der befruchteten Eizelle und dem erwachsenen Menschen. Wo immer in
der Gesellschaft Grenzen gesehen werden mögen, ab denen menschliches Leben beginne,
sind diese also willkürlich. So z.B. der Embryologe Erich Blechschmidt: das
einst von Haeckel angenommene "biogenetische Gesetz", wonach
der Embryo tierische Stadien aus der Entwicklungsgeschichte wiederhole, ist
veraltet: jedes Organ entfaltet sich planmäßig auf seine Rolle im Menschen
hin. Die Reaktionen des Embryos können heute mit Ultraschall gefilmt werden.
Ebenso betonte der Humangenetiker Prof. L. Lejeune, dass schon die Gene
in der befruchteten Eizelle den Plan des erwachsenen Organismus des Menschen
enthalten; wir würden sagen, sie sind das physische Gegenstück dieses Planes.
Auch aus der Hirnforschung, der Entwicklungsneurologie, und der Psychologie gibt
es verwandte Erkenntnisse. Auch Bewusstseins- und Erinnerungsvorgänge
können bei ganzheitlichem und unvoreingenommenem Forschen in immer früheren
Entwicklungsstadien ertastet werden.
So hat diese Wertvorstellung auch über die Grenzen religiöser Kreise hinaus
Bedeutung.
Eine andere Frage ist jedoch der
praktische Umgang mit solchen Anschauungen.
Das Gebot "Du sollst nicht töten" - Exodus 20 - wurde in der Zeit des Alten
Testamentes im Sinne von "Du sollst nicht morden" verstanden ; wobei
die Vorstellungen, was Mord ist, und was Tötung, später wechselten. Im
weiteren Sinne wird der Maßstab des Gebotes für alles menschliche Leben
angewandt, und von Vegetariern sogar darüber hinaus auf das Tierreich. Der
moderne Ansatz eines interreligiösen "Weltethos" ** enthält
"eine Kultur der Ehrfurcht vor allem Leben" als Leitbild.
Auf jeden Fall aber ist - wie es in jeder seriösen Schwangerschaftsberatung
geschieht, auch wenn sie gerne zum Austragen des Kindes ermuntern und Hilfen
geben möchte - die individuelle Lebenssituation der Betroffenen mit ihren
Schwierigkeiten, Ängsten, Gewissensnöten usw. ernst zu nehmen, statt dass
pauschal alle verdammt werden, die sich mit dem Gedanken tragen, abzutreiben.
Frauen machen sich die Entscheidung in den meisten Fällen keineswegs
leicht. Auch ist die Mitverantwortung der Männer und des Umfeldes zu bedenken, statt
das Problem einseitig der Frau zuzuschreiben.
Wenn es darum geht, Schwangerschaftsabbrüche so weit wie möglich zu verringern
oder letztendlich zum Verschwinden zu bringen, dann ist es über individuelle
Bemühungen hinaus vor allem nötig, auch gesellschaftlich ein Leben mit Kindern
zu erleichtern; also Probleme anzupacken, die heute
Anlässe für einen Teil der Abtreibungen bieten - statt z.B. sich darin zu
überbieten, auch für sozial Schwache weitere Lasten zu fordern.
Die rechtlichen Fragen *.
Jesus Christus legte den Menschen nahe, sich bewusst zu ethischem,
moralischem Verhalten zu entscheiden, statt vorwiegend auf den Druck einer
äußeren gesetzlichen Norm oder Sitte zu bauen, wie es in alttestamentarischer
Zeit war. Dennoch können rechtliche Normen ethischen Fragen eine Stütze
geben, wie es auf fast allen Gebieten des Lebens versucht wurde.
Strafrechtliche Regelungen (wie der deutsche §218), ob streng oder liberal, haben im
internationalen Vergleich anscheinend nur eine beschränkte Wirkung auf die Zahl
der Abtreibungen. Dementsprechend sind, wie schon erwähnt, zur Lösung mehr
andere Bemühungen notwendig.
Der Zusammenhang mit Gentechnik
und Fortpflanzungsmedizin.
Auch bei wissenschaftlichen Forschungen und bei künstlichen Befruchtungen gibt
es international einen "Embryonenverbrauch", der z.B. durch das
deutsche Embryonenschutzgesetz zu beschränken versucht wird. Zur Zeit
bietet die Präimplantationsdiagnostik (PID) eine neue Versuchung, zusätzliche
Abtreibungsursachen zu schaffen.
Konsequenzen auf anderen Gebieten.
Wo es um Lebensschutz geht, müsste
es übrigens auch um alle Gefahren gehen, denen die bereits Geborenen ausgesetzt
sind - und insbesondere um diejenigen Gefahren, denen geborenes und ungeborenes Leben
gemeinsam ausgesetzt sind. Umweltgefahren treffen Mütter und den Embryo, den
empfindlichen Embryo sogar stärker als die Erwachsenen. Das wurde von
Lebensschützern oft übergangen; wie umgekehrt Viele, die sich für die Umwelt
einsetzten, sich nicht um das Problem der Schwangerschaftsabbrüche kümmerten,
was z.B. Franz Alt schon 1985 bekümmerte.
*) "Christuswege" ist
keine politische Website. Es wird hier gegen Niemanden geschrieben, und keine
politische Forderung gestellt, sondern nur über allgemeine Maßstäbe
informiert.
**) Siehe u.a. unsere Extraseite "Grundlagen
ethischer Werte".
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