Christuswege

Teil 4  Verschiedene Themen;
Altes Testament, und Beiträge zum Dialog mit anderen Religionen


Informationen zu:  Jesus Christus und der Buddhismus.

Die zusätzlichen Seiten des Internetprojekts "Christuswege" zu verschiedenen anderen Religionen sind ein Beitrag zum besseren Verstehen derselben und zum interreligiösen Dialog. Hier wird auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen buddhistischen Richtungen und einem Christentum eingegangen, das sich seiner eigenen spirituellen Tiefen (wieder) bewusst ist. Damit ist nicht der Anspruch verbunden, Leben und Lehren des Buddha (500 v.Chr.) umfassend nachzuzeichnen. *) Hier werden Kernpunkte präzise behandelt.

Das "Nichts" und das Ich.
Der Kern der ursprünglichen Lehrreden Buddhas, wie sie noch im "Hinajana-" Buddhismus die Grundlage sind, ist die immer weitere Befreiung des Menschen von Allem, was nicht zum Kern seines Wesens gehört. Das Verlangen der äußeren und inneren Sinne, das zu Leiden führt, soll als "nicht zum Selbst gehörend" ("anatta") erkannt, und durch einen entsprechenden Lebens- und Schulungsweg, samt Meditation usw. schließlich verlöschen und in den Nirwana-Zustand münden. Dies hat besonders die später entstandene Richtung des "Mahajana"- Buddhismus meist missverstanden. Sie deutete den erwähnten, immer wiederkehrenden Begriff des Nichtselbst so, als gäbe es überhaupt kein Ich, das nach dem Ablegen der egoistischen niederen Eigenschaften übrig bliebe. Dementsprechend neigt sie auch dazu, das Nirwana als "Nichts" zu sehen. (Das Mahayana brachte ansonsten nach der Zeit Christi interessanterweise auch Fortschritte, z.B. ein deutlicheres Mitgefühl mit allen Wesen, statt aus der Welt zu fliehen.) Buddha selbst sprach aber sogar bei der Beschreibung seiner höchsten Erfahrungen: "Und ich durchschaute... mit der Zeit (auch) das Elend des Bereiches des 'Weder Wahrnehmens noch Nichtwahrnehmens', wurde mir darüber völlig klar, und drang zum Glück der Aufhebung von Wahrnehmung und Empfindung vor, kostete es aus ... Und so gewinne ich seit der Zeit -nach völliger Ausschaltung des Weder Wahrnehmens noch Nichtwahrnehmens die Aufhebung von Wahrnehmung und Empfindung und verweile darin, und die Einflüsse sind, nachdem ich all das weise erkannt hatte, zur Versiegung gelangt." (Suttam des Anguttara Nikaja 9, Nr.41 ...). 

Insoweit ist zu erkennen, dass Jesus Christus ebenfalls zur Läuterung der verschiedenen menschlichen Eigenschaften anregt, und dazu, dass damit jede/r bei sich selbst anfange, statt gleich Andere zu kritisieren. (Siehe dazu den Haupttext von Christuswege.net). Er identifiziert des weiteren sich und seine Jünger auch nicht mit der Welt oder irgendwelchen weltlichen Tätigkeiten, sondern beschreibt sie als nicht zu der Welt gehörend, aber - nachdrücklicher als im ursprünglichen Buddhismus - als in dieser Welt lebend und wirkend (Joh.17), diese Welt als Sauerteig verwandelnd.
Jedenfalls sind in den Aussprüchen von Jesus und Buddha zu Fragen des Lebens so viele weitgehende Übereinstimmungen festzustellen, dass dies seit Jahrzehnten Einige dazu brachte, zu vermuten, Jesus habe Buddhismus gelehrt. Zur Erklärung dieser Ähnlichkeiten brauchen wir keine äußere Überlieferung, wie sich das manche moderne Forscher vorstellen, - auch wenn es den einen oder anderen Kontakt gegeben haben kann. Genauso gut könnte gesagt werden, Jesus habe diese oder jene andere Lehre gepredigt. In unserem Haupttext wird u.a. erläutert, dass solche teilweisen Gemeinsamkeiten auf geistigen Realitäten beruhen, die logischerweise Alle, die dazu Zugang haben, in ähnlicher Weise wahrnehmen können, ohne voneinander abzuschreiben. Das ist Inspiration; letztlich, soweit sie echt ist, kommt sie aus der ewigen Quelle, ohne die es weder "etwas" noch "nichts" noch "nicht nichts" usw. oder die Befreiung daraus gäbe - zumal selbst diese Befreiung ohne diese Quelle gar keinen Sinn hätte. Die Inspiration kommt aus dem, der (oder das) hinter Allem steht, und in Allem verborgen ist, und zugleich auch ganz außerhalb von Allem ist. Der Ursprung ist unmanifestiert, und enthält doch alles schon, -  und wird dennoch am Ende der Schöpfung mehr als am Anfang sein. Das ist also etwas im irdischen Sinne mindestens ebenso Widersprüchliches wie ein Koan (ein paradoxer Spruch für Meditationen im Zen-Buddhismus). Es ist etwas, was nicht auf einem theoretischen Wege begriffen werden kann, wenngleich der Menschengeist langsam flexibel genug gemacht werden kann, um wenigstens indirekte Annäherungsversuche machen zu können*****, oder um innerlich Geschautes verarbeiten zu können. Das ist die Stärke, die die Religionen gegenüber einer materialistisch- egoistischen Gesellschaft gemeinsam haben - und nur nicht genügend nutzen. Auch Gemeinsamkeiten und Kontakte der Religionen untereinander änderten aber nichts daran, dass alle ihre eigenen und teilweise eben  auch unterschiedlichen Wege haben.

Unter den christlichen Mystikern steht Meister Ekkehard der östlichen unpersönlichen Sicht am Nächsten. Unter den buddhistischen Richtungen könnten sich vielleicht die Lehren des Nichiren als eine Brücke herausstellen. Unter den weiteren indischen Weisen steht Sri Aurobindo - aus dem Hinduismus stammend - und seine Partnerin, die "Mutter" - der europäischen persönlichen oder wesenhaften Sicht am Nächsten: er ging durch das Nirvana hindurch, und erkannte - anscheinend in einer Weise die manchem christlichen Mystiker ähnlich ist - dass es hinter der Erlebensweise des "Nirwana" etwas ganz Anderes gibt als ein "Nichts". Er spricht vom "Höchsten", und möchte bestimmte Aspekte dieses Höchsten auf die Erde herabbringen. Es gibt Menschen, wo gerade Sri Aurobindo eine Brücke war, um wieder zum Christentum zurückzufinden - allerdings in dessen eigentlichen Kern, wo es dann z.B. um die ganz reale "Nachfolge Christi" bis hin zu jener Kraft geht, wie sie bei Jesus selbst in seiner Auferstehung zum Ausdruck kam.

Die "Letzte Wirklichkeit" und die Frage nach Gott.
Allerdings sind die zu läuternden menschlichen Eigenschaften im jüdischen bzw. christlichen und islamischen Bereich zusätzlich mit dem Begriff der Sünde gegenüber Gott verknüpft. Zunächst ginge es hier um die Einhaltung religiös fundierter ethischer Normen; genauer betrachtet um die Überwindung von allen Eigenschaften, die uns von Gott trennen. Nun herrscht in der Regel - wohl auch bei den meisten Buddhisten selbst - die Überzeugung, im Buddhismus gebe es keinen Gott. In gemeinsamen ethischen Stellungnahmen der verschiedenen Religionen wird deshalb lediglich auf eine von allen Religionen angenommene "Letzte Wirklichkeit" jenseits des materiellen Lebens Bezug genommen, was immer das bei den einzelnen Religionen sei. Dies ist zumindest nicht ganz korrekt. Buddha hat nie behauptet, dass es keinen Gott gebe, sondern er beschränkte sich eben unter den damaligen Umständen meist auf die Weitergabe von Erkenntnissen über den menschlichen Weg. Buddha antwortete auf Fragen von Hindu-Priestern nach Brahma, der Schöpfergottheit der Hindus: "Den Brahma kenne ich wohl, und die brahmische Welt, und den in die brahmische Welt gelangenden Pfad, und wie Brahma in die brahmische Welt gelangt ist, auch das weiß ich." (Digha Nikaya, 13. Rede - Bezug nehmend auf spirituelle Erfahrungen, und nicht bloße Kenntnis der Hindu-Literatur.) Der Brahma der Hindus kann nicht ohne weiteres mit dem "Vatergott" Jesu Christi gleichgesetzt werden; es ist eher eine der in den verschiedensten Kulturen mit der Zeit zustandegekommenen Personifizierungen von göttlichen Teileigenschaften. Er ist jedenfalls keine Bezeichnung für negative Kräfte. Wer nun allerdings wie Buddha von einem höheren Ursprung der damals verehrten Götter spricht, statt sie selbst als höchste Wesen zu verehren, wovon wohl spricht er letztendlich? Offenbar lag für Buddha der Ursprung und das Ziel im Unmanifestierten. Dieses Unmanifestierte Nirwana ist aber nicht "Nichts". Es ist lediglich außerhalb von Allem, worüber sich der Mensch mit Hilfe seiner irdischen, psychischen oder mentalen Fähigkeiten ein Bild machen kann.
Und da haben wir nun plötzlich eine vom Christentum, Judentum und Islam so gar nicht bewusst erkannte Parallele. Denn in allen diesen Religionen gibt es die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat oder sogar verboten ist, sich von Gott ein Bild zu machen - auch wenn der Grund dafür vergessen wurde. Im Judentum durfte auch der dortige Name für Gott
im allgemeinen nicht direkt genannt werden. Siehe auch auf unserer Seite "Religion als Rückverbindung mit Gott die Anmerkung 2) zu Archetypen.

Wenn wir nun einen Blick zur ältesten bekannten "monotheistischen" Religion werfen, die in ihren ältesten Vorläufern viele Jahrtausende weiter in die Vergangenheit zurückreicht als die jüdische Tradition, nämlich die Zarathustra-Religion in Zentralasien, die wir die "Religion Noahs vor der Flut" nennen - http://www.christuswege.net/themen/parsismus.htm - dann finden wir dort noch alles klar unterschieden: "Ahu" als das unpersönliche, unmanifestierte aber höchst reale Göttliche, und der bekanntere "Ahura Mazda" als den wie durch einen kosmischen Christus eher als Wesen betrachteten Gott. Dies ist auch unter den heutigen Zarathustriern nicht mehr so bewusst, sondern wurde erst vor Jahrzehnten wieder von Vertretern dieser Religion in Indien erforscht.
Dasselbe haben wir in der christlichen Mystik zumindest angelegt, wenn dort der "Sohn" oder Logos als der Erstgeschaffene oder Spiegel gesehen wird, in dem Gott sich selbst erfährt - nur ein menschlicher Begriff, der aber etwas sehr Wichtiges aussagt, was nicht so deutlich in die menschliche Sprache gebracht werden kann. Jesus : "niemand kommt zum Vater denn durch mich". Auch dies wird meist nicht im vollen Sinne verstanden. (Der Gott des Alten Testamentes ist damals mehr als "Gott des Volkes" erlebt worden, also eher kollektiv, und nicht so sehr als persönliches Gegenüber eines menschlichen Individuums.)

Die Evangelien bzw. die Offenbarung kennzeichnen den "Vater" als Denjenigen, von dem die Schöpfung ausgeht, und in dessen Vollkommenheit sie endet (Alpha und Omega), der also über ihr und ihren Eigenschaften steht, und der vor Jesus nicht direkt erreichbar war. Christliche Mystiker wie Jakob Böhme haben aufgrund ihrer authentischen Erfahrungen auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser Gott nicht nur oberhalb der irdischen Schöpfung steht, sondern auch oberhalb der jenseitigen und himmlischen Welten.**) Es führt nicht weit, wenn Religionen in der wissenschaftlichen Literatur oft verglichen wurden, ohne Diejenigen einzubeziehen, die religiöse Tiefenerfahrungen haben. Es kann ohne diese nicht einmal eine Sprache gefunden werden, die für Vertreter unterschiedlicher Religionen verständlich wäre ***).

Der buddhistische Weg konnte für Diejenigen, die die große Mühe nicht scheuten, zum Eingehen ins ursprüngliche "Nirwana" führen, das Jenseits des Jenseits - etwas, was für die meisten Buddhisten natürlich so weit weg ist, wie für die meisten Christen die (christlich-) mystische Einheit mit Gott -.****) Allerdings lehrt der Buddhismus auch die Möglichkeit, dass ein "von Wiedergeburten befreiter" Bodhisattwa freiwillig wieder herabkommen kann, um z.B. dem Rest der Menschheit zu helfen.
Christus stieg zum Vater auf ("und das Grab war leer", Auferstehung & Himmelfahrt), um dann wiederzukehren. Mit Christus kann es heute zu einer stärkeren Durchdringung von der höchsten göttlichen Ebene bis herunter zum Irdischen kommen.

Hier könnte noch Rudolf Steiner erwähnenswert sein, nach dem Buddha eine Weisheitslehre von der Liebe gebracht habe, während Christus dann die Kraft der Liebe brachte. 
Die Kraft der Liebe zieht letztendlich alles zur göttlichen Vollkommenheit zurück - oder besser: vorwärts. "Bittet den Vater in meinem Namen" - d.h. im Einklang mit ihm, durch ihn hindurch, geht der christliche Weg zum Einen. Buddha wurde in gewisser Weise als Wegbereiter gesehen.

Wer erkennen möchte, wie es sich wirklich verhält, mag auf seinem jeweiligen Weg voranschreiten, und Christus bzw. Buddha selbst fragen! 

Buddha im "Kalama Sutra": "Lasst euch nicht führen..., nicht nach Hörensagen, ...Überlieferungen, ... Tagesmeinungen, ...der Autorität heiliger Schriften, ...bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, ... erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, ...Eindrücken persönlicher Vorteile, ...der Autorität eines Meisters. Wenn ihr aber selber erkennt ...". (Erkennen und eine wirkliche Glaubensüberzeugung haben sehr viel mehr miteinander gemeinsam als bloßes intellektuelles "Führ-Wahr-Halten" mit dem Glauben.)

*) Die überlieferten Lehren des Buddha sind besonders zu finden in den umfangreichen Übersetzungen von K.E.Neumann, "Die Reden des Buddha: mittlere Sammlung"; auch in der "längeren Sammlung".

**) Für Menschen mit theosophischem Sprachgebrauch sei hier erwähnt, dass im theosophischen Sinne das Nirwana bzw. Atman unterhalb der "paranirwanischen" und "logoischen", göttlichen Ebenen liegt.

***) Besonders der christliche Mystiker Meister Ekkehart beschrieb seine Erfahrungen so, dass auch ohne den Begriff Nirwana die Verwandtschaft zur Nirvana-Erfahrung erkennbar werden kann, aber auch die Unterschiede, indem dies für ihn mit einer Gottesbegegnung verbunden ist.
****) Die Rückkehr zu Gott mit der Essenz aus den Erfahrungen des Durchgangs durch die Welt ist einerseits ein Zurück zum Ursprünglichen, was schon immer da war; und dennoch ist es zugleich etwas Zusätzliches, was dort vorher nicht da war, wie z.B. 2 deckungsgleiche Dreiecke. Dies Paradoxon ist nur bei einer ins Mystische hinein vertieften Erfahrung verständlich.

 *****) Es gibt auch philosophische Aspekte. Im Mahajana-Buddhismus beschrieb Nagarjuna in seinen Allgemeinen Kommentaren zum Prajnaparamita, dass etwas als wahr, nicht wahr, wahr und nicht wahr, weder wahr noch nicht wahr gesehen werden kann, also vierfach statt einem rein dualistischen entweder / oder. Da der klassische Verstand nicht ausreicht, um das voll zu verstehen, konnte es wie bei den paradoxen Aussprüchen des Zen-Buddhismus (s.o.) dazu führen, dass der Mensch über diesen dualistischen Verstand hinaus gelangte (eine Form der "Erleuchtung"), und so einen Überblick aus einer höheren Sicht haben kann. In der europäischen Philosophie gibt es einen anderen Weg zur Erweiterung des Denkens über jenes alte dualistische entweder / oder hinaus: Hegels Dialektik von These und Antithese bezieht die daraus zu gewinnende Synthese ein. Sie kann so den Verstand selbst dazu trainieren, eine über den Gegensätzen oder Scheingegensätzen stehende Sicht einzunehmen, und so offener zu werden für die höhere Wahrheit von Gottes Geist. Unser christliches Projekt hat unabhängig davon etwas Verwandtes entwickelt, indem aus unterschiedlichen Sichtweisen jeweils das aus ganzheitlicher Sicht Nachvollziehbare, Kompatible zusammengeschaut werden kann (Überwindung von Scheingegensätzen).

 

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