Christuswege

Teil 3  Verschiedene Themen; praktische und biblische Fragen.


Ergänzung: eine kurze Richtigstellung zu modernen "Jesus-Enthüllungs-Geschichten".

Im Text der Webseite wurden bereits einige der gravierendsten Einseitigkeiten einiger theologischer Richtungen direkt oder indirekt korrigiert - mithilfe neuer Erkenntnisse und Methoden. Hier wird auf eine weitere verwirrende Blüte moderner "Sensationsschriftsteller" eingegangen. Wir fördern nicht zusätzlich die Publizität dieser Bestseller, sondern der folgende Beitrag ist für Jene gedacht, die diese Literatur kennen, und sich davon irritiert fühlen.

1. Mit Bezug auf die Schriftrollen von Qumran wurde von solchen Schriftstellern versucht, darzustellen, die meisten Berichte  des Neuen Testaments über Jesus seien unzutreffend.  Jesus und die Jünger usw. seien in Wirklichkeit einfach militante Aufrührer gegen das römische Regime gewesen. *

Zwecks größerer Glaubhaftigkeit wird diese Deutung in eine Art Verschwörungstheorie eingehüllt: Die 1947-1956 entdeckten Schriftrollen der Gemeinschaft von Qumran seien zu 75% geheim gehalten worden, wobei insbesondere Gelehrte der katholischen Kirche die Kontrolle darüber gehabt hätten. Schon dies ist schlicht falsch - was hier festgestellt wird, obwohl diese Webseite keine Kirche rechtfertigen muss, und schon gar keine Geheimhaltung christlicher Schriften akzeptiert. Vielmehr bestand das Gelehrtenteam aus katholischen, protestantischen, anglikanischen, jüdischen, und selbst atheistischen Gelehrten. Wegen der Vielfalt der Meinungen über die vielen kleinen beschädigten Schnipsel dauerte es zwar tatsächlich lange, bis alles veröffentlicht war. Als jedoch die englische Originalausgabe der betreffenden "Verschlusssachen" - Literatur erschien, waren 80% der Qumran-Texte veröffentlicht. 1992, ein Jahr vor der Herausgabe eines entsprechenden Sensationstaschenbuches, das nach wie vor auf dem Rückentext 75% unveröffentlichte Texte behauptete, waren auch die restlichen Texte veröffentlicht, soweit entzifferbar.

Zur inhaltlichen Deutung mussten die Autoren dieser "Enthüllungsliteratur" eine ganze Reihe jeweils für sich waghalsige Theorien aufstellen, um bei deren Aneinanderreihung dann zu dem oben erwähnten Ergebnis zu gelangen. Einmal seien die Schriftrollen nicht vorchristlich, sondern aus der Zeit Jesu.**) Diese Schriften sind aber offensichtlich aus unterschiedlichen Zeiten und in ihren Aussagen nicht einheitlich. Die Qumran-Gemeinde bestand über längere Zeit. Sie kann weder mit den Essenern sicher gleichgesetzt werden, noch mit den militanten Zeloten, die später in einiger Entfernung davon die Festung Massada hatten. Qumran könnte etwa mit einem heutigen spirituellen Ökodorf verglichen werden. Sie müssen überallhin Kontakte gehabt haben; von den Essenern hatten sie wohl einige Gebräuche in abgewandelter Form, von den Schriftgelehrten des Tempels von Jerusalem erhielten sie Aufzeichnungen über den Tempelschatz anvertraut - was besagt, dass sie als nicht unmittelbar an Auseinandersetzungen mit den Römern beteiligter, sicherer Aufbewahrungsort eingeschätzt wurden -; und auch zu einzelnen Zeloten können Kontakte bestanden haben.

Auch behaupteten die Autoren, die Essener seien keine asketisch lebenden Mönche, sondern militante Widerstandskämpfer gewesen. Alles, was über die Essener überliefert ist, deutet jedoch auf eine pazifistische, vegetarische, strenggläubig jüdisch - esoterische Richtung hin, die wegen ihrer, geradezu zarathustrisch anmutenden Reinheitsvorschriften die Abkapselung vom Rest der Welt suchte, eher stärker als heutige Mönche. In der besagten Einschätzung der Essener als militant wurden Essener und Zeloten unzulässigerweise in einen Topf geworfen, ohne dass dies ausreichend begründet wäre.

Johannes der Täufer, Jesus, und Jakobus, der (Halb-)bruder Jesu, hätten dieselben militanten Motive gehabt "wie die Essener". Auch diese -obendrein an den vorhergehenden Annahmen hängende- Einschätzung,  wie eine Tatsache präsentiert, ist durch die Qumranschriften nicht beweisbar. Jesus, Jakobus und Johannes sind dort praktisch nirgends in der Art identifizierbar. Es musste z.B. der "Lehrer der Gerechtigkeit", offenbar eine leitende Persönlichkeit dieser Gemeinde, mit Jakobus identifiziert werden, was eine nicht beweisbare Theorie ist. Auch dass dieser "Lehrer der Gerechtigkeit" ein radikaler Zelot gewesen sei, ist unbewiesen und unwahrscheinlich; es kann aber sein, dass ihn die Gemeinde als höhere - geistliche - Autorität gegenüber den im Verfall befindlichen Tempelpriestern anerkannte. Auch das, was über Jakobus selbst überliefert ist, passt nicht zu diesem militanten Bild. Jakobus - nicht der Jünger Jakobus, sondern der besagte Bruder Jesu, der nach dessen Kreuzigung die christliche Urgemeinde in Jerusalem leitete - hatte allem Anschein nach einen ausgesprochen toleranten, ausgleichenden Charakter. Er musste sich sozusagen zwischen Petrus und Paulus setzen, bzw. zwischen den streitenden Jüngern vermitteln, um die Gemeinde zusammenzuhalten.

Um weiter behaupten zu können, Paulus sei ein römischer Agent gewesen, der alles verfälscht habe, musste eine weitere künstliche Konstruktion herhalten, die wieder durch nichts zu beweisen ist, nämlich die Römer hätten seine Verhaftung zur Täuschung inszeniert. (Im unserem Text "Christuswege..." wird u.v.a. auf Paulus noch weiter eingegangen, u.a. darauf, dass -egal wie jemand zu dessen traditionellen Ecken und Kanten stehen mag, z.B. zu seiner Haltung zu Frauen- auf jeden Fall seine visionären Erlebnisse und -Erkenntnisse als authentisch erkennbar sind; freilich nur, wenn sich jemand der Mühe unterzieht, sich überhaupt eingehend und praktisch mit mystischen Erlebensarten zu befassen, was die Sensationsautoren offensichtlich nicht getan haben.)

Die Qumran - Rollen sind einfach einige von vielen sonstigen Schriften aus der damaligen Zeit, die Mosaiksteinchen um Mosaiksteinchen Auskunft über einige damalige Gebräuche geben. Einige andere Schriften aus diesen Jahrhunderten sind als Apokryphen schon lange bekannt, und andere wurden erst in neuerer Zeit aufgefunden (etwa die Funde von Naq Hammadi, die über den Glauben früher Christen in Ägypten Einiges hergeben.) Sicher ist, dass die Menschen in Qumran gottesgläubig waren, und dass sie in manchen Einstellungen und Gebräuchen mit den Lehren Jesu verwandt waren - den Lehren, die in der Bibel stehen, und nicht den angeblich militanten Lehren des Jesus der Sensationsautoren. Es ist durchaus möglich, dass Johannes der Täufer ursprünglich aus diesen strenggläubigen Zusammenhängen der Essener bzw. Qumraner stammte, oder jedenfalls dort ein allgemein angesehener Gast war. Ebenso ist denkbar, dass Jesus diesen Menschen begegnete. (Im Haupttext von "Christuswege" wird jedoch auch begründet, dass er vielen Kreisen begegnete, und dass er nicht automatisch aus der jeweiligen Schule stammte, deren Anhängern er begegnete.)

2. Weitere Autoren schlossen sich den erwähnten Spekulationen über Jesus an, mit vielen Details über die jüdische Geschichte, aber ohne dass sich die besagten Widersprüche auflösen ließen. Indem in einem Teil dieser Literatur auch die Auferstehung Jesu reduziert wurde auf ein historisch ertastbares äußerliches Auferstehungs-Ritual der späten Ägypter und evtl. der Essener und darauf aufbauender Traditionen, wird darin den Lesern gerade das Erneuernde vorenthalten, was Jesus in diesem Zusammenhang gebracht hat. Dabei wäre es gar kein Verlust für die dort dargestellten Zusammenhänge zwischen historischen Gruppierungen wie Essenern und Tempelrittern, wenn auf dieses Anti-Auferstehungs-Dogma verzichtet würde. Der nur mystisch nachvollziehbare Teil dessen, was Jesus vollbrachte, ging schon in frühchristlicher Zeit über das Verständnis einiger judenchristlicher und gnostischer Gemeinschaften hinaus, und somit ist es nutzlos, mit deren Auffassung beweisen zu wollen, dass das, was sie verstanden hatten, schon alles gewesen sei. Andere hatten andere Teile der Wahrheit verstanden, was sowohl die vielen frühen Christen zeigen, die an eine umfassenderen Bedeutung der Auferstehung glaubten; als auch Jene, die die diesbezügliche Streitschrift des Philippus-Evangeliums benutzten. Der sich hervorragend zum Buhmann eignende Paulus war keineswegs die einzige Quelle derjenigen Traditionen, die an der spirituell wie materiell verwandelnden Auferstehung festhielten. Menschen, die dem in der Kirchengeschichte breit akzeptierten Überlieferungsstand noch eine gewisse Achtung entgegenbringen, können der Wahrheit eher näher kommen, als Jene, die leichtfertig alles wegerklären, was ihnen nicht ins Konzept passt.
Wo solche Aktivitäten in eine ständige Verunglimpfung von Jesus Christus ausarten, kann das auch geistige Folgen haben, die über eine rein menschliche Angelegenheit hinausgehen.

3. Auch über mehrere angebliche "Gräber mit Gebeinen Jesu" wurde spekuliert, mehrere in Israel und anderswo. In einem Umfeld im Nahem Osten, wo Grabräuber beteiligt sind - z.B. ist von den aufgefundenen Knochenbehältern eines solchen Grabes einer "verschollen" -; und wo tausende solcher Behälter in Museen gelagert sind und wo etwaige Knochen entfernt und zur Wiederbestattung weitergegeben wurden, usw., ist es fast unmöglich, zuverlässige Erkenntnisse über die Personen zu gewinnen. Da beweisen auch eingeritzte häufige Namen nichts. Auch die Wahrscheinlichkeitsrechnung kann keine Ähnlichkeiten zwischen Namen in verschiedenen Familien ausschließen.
Eine ganzheitliche historische Forschung würde nicht von der Voraussetzung ausgehen, dass es die Auferstehung im überlieferten Sinn nicht gegeben haben könne. Auch entspräche es eher dem heute möglichen Stand der Erkenntnis, Prophetie, die auf Jesus bezogen werden kann, nicht nur als eine Quelle subjektiver Hoffnungen Jesu vor 2000 Jahren zu verstehen; sondern in Betracht zu ziehen, dass sie auf etwas ganz Reales hinweisen kann, was teilweise noch der Ergründung harrt, bis es geschehen sein wird.
Ergänzende Informationen dazu (in Englisch):
http://dukereligion.blogspot.com/2008/01/talpiot-tomb-controversy-revisited.html

* 4. Es gibt noch eine Reihe weiterer solcher Spekulationen über Jesus, die zu jeweils unterschiedlichen Ergebnissen führten. Z.B. eine These, Jesus sei ein Anhänger der kynischen Philosophieschule Griechenlands gewesen... S.a. ein update zu Maria Magdalena. Darüber hinaus wollten Andere Jesus sogar mit Moses gleichsetzen; oder mit einem ägyptischen Pharao; oder mit Julius Cäsar; oder mit einem militanten byzantinischen Kaiser. Womit durch diese Widersprüche auch schon offensichtlich ist, dass da Vieles nicht stimmen kann...

Von solchen waghalsigen Annahmen zu unterscheiden sind verschiedene teils im Bereich des Möglichen liegende Ausarbeitungen über die unbekannten Jahre des jungen Jesus zwischen zwölf und dreißig. Darunter sind Hinweise auf frühe Aufenthalte in Ägypten; oder auch in Indien (nicht zu verwechseln mit der Theorie.des Überlebens der Kreuzigung in Indien, die in unserem Kapitel "Kreuzigung" kritisch beleuchtet wurde).
Nicolas Notovitch schrieb 1894 über - allerdings bisher nicht nachprüfbare - tibetische Texte mit antiken Reiseberichten über Jesus ("Issa"). Das wäre der biblischen Überlieferung nahe, unterscheidet sich aber völlig in der Beschreibung der Rolle des Pilatus und der Pharisäer bei der Kreuzigung.

** Es fällt auch auf, dass in solchen Büchern die Tatsache nicht erwähnt wird, dass in Qumran auch besonders alte Evangelientexte aus dem 1. Jahrhundert gefunden wurden, deren Vergleich mit den heutigen Texten (Markus-Ev.) zeigt, dass sie recht originalgetreu weitergegeben wurden.

 

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